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57° 51’ 59’’ N, 16° 41’ 49’’ E
Und dann sind wir endlich dort, sind am Ziel unserer Segelreise, sind in den Schären. Um uns herum kleinere und größere Felsen — mal kahl, mal mit Baum oder Strauch bewachsen — umspült vom Meer. Rote und grüne Stangen zeigen den Weg, zwischendurch ein Blick auf Plotter und Karte, die Wassertiefen anzeigen, die im vorigen Jahrhundert vermessen wurden und sich seitdem nicht geändert haben.
Wie oft sind wir schon zwischen Figeholm, Västervik und Loftahammar gesegelt — zuerst mit einem Trailerboot, das die Fähre nach Schweden gebracht hat, dann mit einem etwas größeren Boot auf dem Weg zum Götakanal, und dann mit einem noch größeren auf dem Weg von Finnland nach Hause. Immer wollten wir irgendwann einmal mit mehr Zeit diese Gegend erkunden, und immer noch gibt es neue Inseln und Buchten zu entdecken, immer noch ist es aufregend und immer noch ist es einfach großartig mitten in einer Bucht vor Anker zu liegen, nur umgeben von Wasser und Fels und Bäumen, oder am Fels anzulegen und die Insel zu entdecken. Allein sind wir natürlich nicht, selbst in einem kühlen August nicht, aber doch irgendwie außerhalb des Festgefügten. Als würden wir mit dem Wohnwagen einfach stehenbleiben, wo es uns gefällt, nur ist der Wagen ein Boot und wir müssen nach Wind und Wetter Ausschau halten, wenn wir einen Platz für die Nacht wählen.
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56° 38’ 60’’ N,16° 27’ 44’’ E
Es ist an der Zeit, sich auch einmal den Freuden des Segelns zu widmen. Denn wie soll ich es sonst erklären, was und warum es mich jeden Sommer aufs Meer zieht, auf das Boot, das uns so viele Abenteuer beschert hat, aber eben auch Tage wie diesen:
Am Morgen legen wir ab, fahren ganz unspektakulär die ersten Meilen unter Motor, denn unser Ziel ist weit gesteckt und es weht nur wenig. Vorbei an Hanö, der Insel unserer letzten zwei Nächte, geht es hinaus Richtung Kalmarsund. Ein Segel ziehen wir dennoch hoch. Man kann ja nie wissen, wann der versprochene Wind denn kommt, und außerdem liegt das Boot dann auch ruhiger, denn Wellen gibt es schon. Das Boot schwankt.
Abwarten und frühstücken. Logge beobachten. Vier Knoten Wind reichen noch nicht zum Segeln, aber frisch wird es. Nach einer Stunde der nächste Versuch … Wir segeln. Raumshots. Die Segel weit gebläht. Um uns herum nur das Meer, erst grau, dann dunkelblau gekräuselt, am Horizont ein einsames Segel. Kein Land, nirgends. Minuten, Stunden vergehen, rauschen vorbei mit dem Wasser; Gedanken ziehen mit den Wolken.
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48° 12' 2'' N, 16° 22' 39''
Wien ist eine höfliche Stadt. „Seien Sie achtsam. Ein anderer könnte Ihren Platz dringender brauchen als Sie”, tönt es alle fünf Minuten aus den Lautsprechern in der Straßenbahn. Und tatsächlich stehen auch Menschen auf und bieten ihre Plätze an — häufig erkennbar Ausländer, häufig junge Leute. Die älteren Pärchen bleiben eher sitzen und regen sich über Ausländer auf. Leise, aber vernehmbar. Doch sie sind in der Minderheit in der Straßenbahn und in der Stadt der vielen Völker, der Jungen und Alten, der Touristen und Sänger in Gärten, Plätzen, Konzertsälen und Kirchen.
Zu Himmelfahrt sind internationale Amateurchöre zu Gast beim 30. Franz-Schubert-Chorwettbewerb und dazu über tausend Sängerinnen und Sänger aus aller Welt für das Mitsingkonzert des Berliner Rundfunkchors. Nach dem Erfolg dieser Konzerte in Berlin trifft man sich nun alle zwei Jahre auch in einer anderen europäischen Stadt. Die Karten sind schnell ausverkauft.
Ich singe nicht, höchstens zu Weihnachten oder beim Tanzen, da schmettere ich dann schon mal „It's raining men”, in Wien bin ich nur als Sängeranhang. Der Gatte probt, ich erkunde Wien. Schönbrunn im Sonnenschein. Ein Genussmarkt im Stadtpark. Ein Biergarten. Ein Café und noch ein Café. Kellner in schwarzen Anzügen, bei deren Anblick ich sofort das Gefühl bekomme, irgendetwas falsch gemacht zu haben. Doch eine Melange und eine Waldviertler Mohntorte bekomme ich trotzdem. Mit Schlag.
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54° 18' 35'' N, 13° 40' 54'' E
Ostern ist es auf dem Mönchgut noch kühl und sehr ruhig. In den Hafen verirrt sich höchstens manchmal ein Boot, auf den Wegen grüßen sich die einsamen Wanderer. Bei Sonne, hoffentlich, und Wind, ziemlich stark meistens, kann man die Zicker Berge kraxeln und zur einen Seite auf den Greifswalder Bodden, zur anderen auf die Ostsee schauen. Eine Woche ist pure Entspannung — es sei denn, Abi-Prüfungen stehen vor der Tür.
Wir leben im Zeitalter der Darstellung, des Präsentierens. Darstellen ist alles. Dabei sein reicht schon lange nicht mehr. Sich selbst und auch Inhalte zu präsentieren ist eine Fähigkeit, die immer wichtiger im Leben wird. Folgerichtig hat die Präsentation, früher unter dem weniger schillernden Namen Referat bekannt, großflächig Einzug in die Schule gehalten. Nicht nur in der Oberstufe, nicht allein auf den weiterführenden Schulen, nein, schon in der Grundschule werden Vorträge von den Schülern gehalten. Meine Tochter hielt den ersten, noch bevor sie lesen konnte — mit Hilfe von Bildchen, die als Stichpunkte zu den Informationen über Quallen dienten.
Über Sinn und Unsinn von Vorträgen kann man streiten. Einer meiner Dozenten im Studium hielt sie für komplett überflüssig. Aber sicher lernt die Vortragende viel über das Thema und sicher festigen viele Vorträge das Selbstvertrauen beim freien Sprechen. Wir überlegen uns inzwischen gut, ob wir eine Diskussion mit unserer Tochter anfangen.