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53° 54' 49'' N, 14° 16' 29'' E
Mit dem Wind von Ost nach Nord nach West nach Süd, einen wunderbaren Sommer lang, an sieben Küsten gelandet, sieben Flaggenwechsel auf dem Meer.
In den letzten Tagen des Törns nach Süden treffen wir auf bekannte Häfen (in unbekannter Leere), auf andere Heimkehrer (mit demselben Ostsee-Enthusiasmus), verabschieden uns von der Ruhe und segeln jeden Tag ein Stück nach Hause. Jeden Morgen wartet der Wetterbericht mit Veränderungen auf, spielt der Kapitän neue Varianten der Route durch, geht es dennoch weiter. Jeden Abend schrumpfen die Vorräte ein Stück mehr, wecken kulinarische Mitbringsel Erinnerungen, wird es früher dunkel und sinken wir schneller in tiefen Schlaf.
So bleibt auch für Bornholm diesmal nur ein Nachmittag und eine Nacht, die durch die Begegnung mit dem Eigner einer anderen Etap zum regen Austausch über Freud und Leid beim Gebrauchtbootkauf genutzt werden. Die Unsinkbarkeit der Etap hat nämlich auch eine Kehrseite: In der aufgeschäumten Doppelschale hält sich jeder Tropfen Feuchtigkeit, der einmal eingesickert ist, wie in einem Schwamm.
Doch inzwischen ist die Volver dicht — von unten eine Grundvorraussetzung für Schiffe und von oben auch nicht unwichtig bei den Schauern, die nun doch häufiger auftreten —, und die letzten 77 Tage — gut die Hälfte davon unter Segeln — haben zwar weniger Material für dramatische Geschichten abgegeben, Seefrau und Kapitän aber mit dem Kauf halbwegs ausgesöhnt, manchmal sogar vollkommen begeistert.
Bei der letzten großen Überfahrt bieten Wind, Wellen und die Volver noch einmal alles auf, segeln wir beinahe zwölf Stunden lang unter Vollzeug in Rumpfgeschwindigkeit bis zur Mündung der Swine, dem Ausgangspunkt unserer Seereise. Nur der wolkenverhangene Mond ist Zeuge, als wir im Dunkeln im polnischen Hafen einlaufen.
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56° 5' 36'' N, 15° 51' 42'' E
Ganz egal, wie lange man Zeit hat, ganz egal, ob ein Termin oder das Wetter einem im Nacken sitzten, irgendwann segelt man doch zurück, muss lange Schläge machen, dann sind Kapitän und Seefrau nicht immer einer Meinung.
Die Seefrau ist für kürzere Etappen, die dann auch bei nicht ganz so idealem Wind noch zu segeln sind — muss aber zugeben, dass es von Vorteil sein kann, wenn man bei schlechtem Wetter in einer größeren Stadt festliegt. Der Kapitän ist dafür, Strecke zu machen, wann immer es möglich ist — unter Motor, mit Segeln oder sogar mit beidem — kann es aber auch genießen, das Ganze mit mehr Ruhe anzugehen.
Wie dem auch sei und wofür letztlich die Entscheidung fällt, die leider immer kürzeren Tage werden auf dem Wasser verbracht, an schöner Landschaft, an Bullerbü-Orten wird vorbeigesegelt oder -getuckert. Zum Glück ist es nicht unser erster Besuch am Kalmarsund, und nach zehn Wochen voller neuer Eindrücke sind die Augen ein wenig müde und können den Anblick von Meer, das am Horizont im nur wenig helleren Himmel verschwindet, gut gebrauchen — selbst wenn über Stunden höchstens mal ein Robbenkopf auftaucht.
Natürlich muss auch ab und zu der Kurs überprüft, muss nach Booten und Bojen Ausschau gehalten werden, doch meist gleitet der Blick ziellos ins Weite, wobei der meditative Flow sich eher beim Segeln einstellt. Keine Ahnung, ob es an den anderen Schiffsbewegungen oder der Geräuschkulisse liegt, bei Motorfahrten kommt nach mehreren Stunden eher ein kindliches „Wann sind wir endlich da?” zum Vorschein.
Am Abend erreichen wir Sandhamn, einen kleinen Fischerhafen, dessen Besuch sich laut unserem Hafenführer nicht lohnt, der uns aber mit wundervollem Licht empfängt. Hinter einem Boot mit österreichischer Flagge legen wir an, essen mit einem alleinsegelnden Cellisten und treffen am Morgen einen besonders netten und freundlichen Hafenmeister.
Auf zur nächsten Strecke ...
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58° 15' 24'' N, 17° 0' 18'' E
Morgentau an der Reling, glasklares Wasser bis zum steinigen Grund. Hinter verschwommenen Silhouetten steigt eine goldene Sonne auf.
Wir borgen uns noch zwei Tage vom Sommer, zwei Tage im Schärenparadies. Selbst der Wind weht lau von Süd, treibt uns gemächlich voran. An dieser Ecke der Welt hat sich die Schöpfung besondere Mühe gegeben, hat den Fels blank poliert, die Bäume in tiefes Grün getaucht und dem Meer einen Seidenschimmer verpasst.
Die Fischerhäuser sind Feriendomizile geworden, nur wenige Menschen leben das ganze Jahr auf den Schären — Post, Baumaterial und Lebensmittel werden mit offenen Motorbooten geholt. Den einsamen Seglern wird freundlich begegnet: Ein Mann zeigt uns, wo wir festmachen können, ein anderer kommt mit dem alten Traktor den Abhang hinunter, um sich zu überzeugen, dass wir das Hamnengiften, die Gebühr für das Übernachten, auch an der richtigen Stelle einwerfen. Dann sind wir wieder allein.
Zwei Tage reichen bei weitem nicht … sind gerade genug für Staunen und Schwärmen. Vor zehn Jahren haben wir uns vorgenommen, noch einmal im Gryts-Skärgård vorbeizuschauen — es hat länger gedauert als geplant, es ist noch schöner als in der Erinnerung und es ist — Tusch und Trommelwirbel — unsere Empfehlung für einen Segelsommer.
But the days grow short when you reach September ...
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58° 46' 48'' N, 17° 28' 50'' E
Homeward bound …
Schwer fällt der Abschied von Stockholm — so viel Schönheit, so viel Wasser und nicht zu vergessen: so viele gute Möglichkeiten zu speisen.
Essen hat einen hohen Stellenwert bei längeren Schiffsreisen. Nichts hält die Crew so gut bei Laune wie regelmäßiges, gutes und ausreichendes Essen und Trinken. Dabei ist einiges logistisches Geschick beim Bunkern gefragt, denn der Platz ist selbstverständlich beschränkt, ebenso die Haltbarkeit frischer Lebensmittel — zudem ist der Kühlschrank einer der größten Energiefresser an Bord. Also greift die Seefrau — je länger der Törn dauert und je abgelegener die Übernachtungsplätze sind — häufig auf Dosen und getrocknete Lebensmittel zurück. Kreativküche auf dem Zwei-Flammen-Herd.
Der Einkauf unterwegs ist Glückssache. Frische Milch gibt es meist in den kleine Läden oder Kiosken, manchmal auch Brötchen — in Södertälje sogar von der Hafenmeisterin persönlich ans Boot gebracht. Kekse, Schokolade oder Lakritz helfen beim kleinen Hunger zwischendurch, und sobald ein großer Supermarkt gesichtet wird, kaufen wir alles, was in zwei Rucksäcke und eine Fahrradtasche passt. Doch schon aus Gründen der Abwechslung sind gute Restaurants sehr willkommen.
Auf unserer Reise gab es einige gute und sehr gute, z.B. das Juuri in Helsinki, doch Stockholm belegt auf unserer Restaurantskala unangefochten den ersten Platz mit Ulla Windbladh und dem Krog und Slip. Ob Lamm mit Meerrettichsoße, Makrele mit fein abgeschmecktem Blattspinat oder Sauerrahmsorbet mit Blaubeeren und Mandelkuchen — eins so lecker wie das andere und so anregend.
Nach dem abendlichen Festmachen im nächsten Schärengebiet, umgeben von Wald und Wasser, werden in der Bordküche frisch gekaufte Zutaten neu kombiniert — zur Freude des Kapitäns, der die Stärkung gut gebrauchen kann.